Ein Hoagascht in Weißenbach

„Antrischer“ Nachmittag in der Seniorenstube
Am 18. Oktober 2019 waren nach Rosenkranzandacht, gestaltet von der Seniorenvereinigung, alle eingeladen zu einer Marende in der Seniorenstube. Der Nachmittag stand unter dem Motto „ Gemütlicher Hoagascht mit Sagen und antrischen Gschichtlan aus dem Tal“ und war auch Teil der Ahrntaler Kulturwochen mit dem Titel „Antrischis Toul“.
Schon am 24. Jänner 2019 hatten sich die Senioren schon einmal in der Seniorenstube getroffen, um im gemeinsamen Erzählen und Gespräch verschiedenes „Antrisches“ auszugraben.
Diesmal lasen uns Simon, Eva und Lukas Sagen und Geschichten aus Weißenbach und dem Ahrntal vor. Diese hatten sie im vergangenen Schuljahr mit ihren Klassen unter Anleitung von Konrad Steger gesammelt, in einem Büchlein aufgeschrieben und dazu gezeichnet.
Bestimmte Motive kommen in den Sagen oft vor, so die Bestrafung von frevelhaftem Verhalten, das Finden von Schätzen, die dann aber wieder verschwinden oder die Begegnung mit „antrischen Leuten“, die die Nachfahren der Kinder Adams und Evas sein sollen, die diese vor dem Herrgott verstecken wollten.
Sagen wurden früher vielfach mündlich weitererzählt, später auch gesammelt, aufgeschrieben und so vor dem Vergessen bewahrt. Bekannte Sagensammler waren Ignaz Vinzenz Zingerle, Karl Felix Wolff oder Hans Fink, in den vergangenen Jahren wurden einige Sagen neu erzählt von Marianne Illmer Ebnicher oder von Kathrin Gschleier.
Da sich im heuer die unselige Optionszeit zum achtzigsten Mal jährt, ist vielleicht auch die Tatsache interessant, dass im Zuge der geplanten Umsiedlung der Südtiroler der Volkskundler Dr. Willi Mai aus der Pfalz beauftragt worden war,
Volkssagen und Erzählungen zu sammeln, sozusagen einem entwurzelten Volk das überlieferte Erzählgut zu erhalten. Ab 1940 sammelte er monatelang in verschiedenen Dörfern, so auch in Prettau, St. Jakob und St. Peter viele Geschichten und seltsame Begebenheiten.
Als er 1941 selbst an die Front ging, sagte er, der ja die Zerrissenheit der Menschen in dieser Zeit auch miterlebte: "…..mir legte sich noch einmal all der Schmerz aufs Herz, der in den vergangenen Wochen stets gewachsen war und mir das Leben unleidlich machte: hier in dieser grandiosen Bergwelt Südtirols ist noch wirkliches Bauerntum, mit dem Boden verwachsen. Das Volk wird entwurzelt und wird heimatlos, man mag seine Kulturgüter sammeln, wie man will.“
Diese Worte aus dem Munde eines überzeugten Volksdeutschen zeigen uns auch heute noch die Tragik dieses Abschnittes der Geschichte Südtirols, unserer Geschichte.
Nachdem Willi Mai im letzten Kriegsjahr gefallen war, bewahrte seine Witwe seine Sammlung unter großen Schwierigkeiten auf, und nach jahrzehntelanger Odyssee wurde sie in den Neunziger Jahren veröffentlicht.
Die sogenannten „antrischen Löcher“ sind in verschiedenen Orten zu finden, so auch in der „Feuchtklomme“ in Weißenbach. Es sind meistens von Erzsuchern ausgemeißelte Stollen, über die es manchmal aber auch seltsame Geschichten gibt.
Wir sahen uns auch einige Bilder von dem antrischen Loch an. Ältere Weißenbacher erzählen, es wäre noch ein zweites antrisches Loch gewesen, wo es viel weiter in den Berg hinein gegangen war, aber der Zugang ist nicht mehr zu finden.
Ein Lob an die Mittelschüler/innen: durch ihre Broschüre mit dem Titel „Sagenhaftes Ahrntal“ haben auch sie dazu beigetragen, dass diese Geschichten nicht in Vergessenheit geraten!
Initiator war die Seniorenvereinigung Weißenbach

Die Entstehung des Tristensees
Hoch über Weißenbach liegt in einer Senke unterhalb von Tristenspitz und Weißer Wand ein geheimnisvoller Bergsee mit einer fast quadratischen Form. Eine Geschichte aus längst vergangener Zeit erzählt, wie dieser See entstanden ist. Mehrere Riesen hausten damals in den Tälern der Umgebung, die die Bauern in Angst und Schrecken versetzten, ihnen das Vieh forttrieben und sich nahmen, was sie wollten. Die Leute hatten nur noch Mehlnocken zum Essen und mussten manchmal sogar Hunger leiden. Einmal im Jahr trafen sich alle Riesen auf einer Alm oberhalb von Weißenbach, saßen um einen gewaltigen Tisch, fraßen, soffen und grölten mehrere Tage lang. Wieder einmal saßen sie beisammen und konnten nicht genug lachen über die armseligen „Nöcknfressa“ da unten. Auf einmal verfinsterte sich der Himmel, ein gewaltiges Gewitter zog auf und Blitze zuckten vom Himmel. Ein mächtiger Sturm brauste daher und schleuderte die Riesen in alle Himmelsrichtungen, wo sie zu steinernen Nocken erstarrten. Heute noch können wir sie sehen, den Kleinen Nock, den Großen Nock, den Seewassernock, den Gamslahnernock, den Pfaffennock, den Gelenknock und wie sie alle heißen. Wo aber ihr Tisch gewesen war, entstand ein See, viereckig und tiefgründig, in dessen blaugrünem Wasser sich an schönen Sommertagen der Tristenspitz und die weißen Wolken spiegeln.

